|
Spielplatz:
Kirchengeschichtliche Aspekte zum Thema Buße (1996)
von Jörg Mertin
Buße
besteht darin, Schuld zu sühnen durch eine religiöse Leistung, zum
Beispiel Beten, Fasten oder Opfern. Sie soll in einem ritualisierten,
der Logik des Tauschs gehorchenden Verfahren die gestörte Beziehung
zwischen Gott und den Menschen oder auch zwischen den Menschen
harmonisieren. Dabei kann sowohl der Vorgang der Umkehr als auch das
getauschte Äquivalent mit dem Begriff Buße bezeichnet werden. Ein
solches Harmonisierungsverfahren scheint es in allen Religionen und
Gesellschaften zu geben. Selbst in der gegenwärtigen bürgerlichen
Gesellschaft, der Hans Joachim Iwand gewiss mit Recht bei der
Wiederbewaffnung in den 50er Jahren organisierte Unbußfertigkeit
zugeschrieben hat, lassen sich der Buße durchaus vergleichbare
Erscheinungen ausmachen. Die Individuen suchen nach ihrem eigentlichen
Selbst, orientieren sich neu durch Therapie und lassen sich das
allerhand kosten. Das Verständnis von Buße unterliegt Veränderungen,
und dies nicht erst seit heute. Einige unterschiedliche Formen, die die
Buße im Laufe der Kirchengeschichte angenommen hat, sollen im Folgenden
skizziert werden.
Johannes
der Täufer rief zur Buße angesichts des kommenden Zorngerichts Gottes.
Umkehr und Besserung, weil Strafe droht: darin dürfte das Grundmuster
auch des gegenwärtigen säkularen Bußverständnisses erkennbar sein. Das
Christentum kann anders gewichten: die Aufforderung zur Buße in der
Nachfolge Jesu geschah mehr im Hinblick auf das freudige Geschehen des
Kommens des Reiches Gottes. Umkehr zu Gott also nicht wegen der
drohenden Strafe, sondern weil Gott sich endlich zur Rettung der
verlorenen Menschen aufgemacht hat und man ihm daher entgegengehen
kann. Gleichwohl blieb in der Geschichte des christlichen
Bußverständnisses das Strafmoment im Gericht Gottes vorhanden und
jederzeit aktualisierbar, so dass das Besondere des ursprünglich
Gemeinten nur zu oft unterging in der allgemein religiösen, der
schwarzen Pädagogik verwandten Auffassung von Buße.
Das
Hauptproblem in der Alten Kirche war die Frage, wie man mit getauften
Sündern umgehen sollte. An sich war es unerklärlich, dass jemand, der
in der Taufe den Geist Gottes empfangen hatte, noch einmal zum Sünder
werden konnte. Aber in der dem christlichen Glauben nicht immer
freundlich gesonnenen Wirklichkeit verleugnete mancher um des
Überlebens willen seinen Glauben. Sollte danach Umkehr noch möglich
sein oder nicht? Durchgesetzt haben sich letztlich jene, die auch den
abgefallenen Getauften die Möglichkeit der Buße geben wollten. Die
Kirche sollte nicht nur aus den bis zum Tode Konsequenten bestehen,
sondern auch all jenen Raum bieten, denen das Leben lieber war als der
Märtyrertod. Die Kirche nutzte die Gelegenheit, sich selbst in der
Person der Amtsträger als Vermittler der Vergebung der Sünden zu
etablieren. Bemerkenswert erscheint, dass der zeitweise Ausschluss und
die Rückkehr der Büßer in die Kirche in der Regel öffentliche Vorgänge
waren. Erst im Mittelalter wurde das Bußverfahren vorwiegend unter
Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen. Auch andere Veränderungen
kamen auf. Sündenvergebung war für den einzelnen nun mehrfach
wiederholbar. Die Buße wurde zum Sakrament, dessen Bestandteile Beichte
und Absolution waren. Die Bußbücher regelten die einzelnen Bußstrafen,
die zur Tilgung der zeitlichen Sündenstrafen abzuleisten waren. Die
Buße entwickelte sich auch mehr und mehr zu einem innerseelischen
Prozess, so dass ein Leben aus der ständigen Bereitschaft der Buße
heraus die Ableistung zeitlicher Sündenstrafen ersetzen konnte. Hier
hat Luther angeknüpft. Er verinnerlichte die Buße zu einem
konstitutiven Aspekt des Glaubens, der die Ursache für die lebenslange
Umkehr zu Gott ist. Luther rückte vom Sakramentscharakter der Buße ab.
Die Buße stand für ihn nicht so hoch wie die Taufe. Denn was mit der
Buße geschieht, ist nichts anderes als die Rückkehr zur Verheißung, die
schon mit der Taufe über dem einzelnen ausgesprochen war. Obendrein
fehlte der Buße ein eigentliches Zeichen wie es bei der Taufe das
Wasser war.
Während
für Luther das ganze Leben Umkehr zu Gott war, begann die ihm folgende
Zeit das anders zu sehen. Im Sinne der Pädagogisierung und der
Fortschrittsorientierung der einzelnen Biographie wurde, vor allem im
Pietismus, die Buße auf einen Zeitpunkt im Leben des Glaubenden
eingeschränkt, zuletzt auf den Bußkampf, der der Wiedergeburt
vorausgeht. Mannigfach bemüht man sich seit dem 19. Jahrhundert, dieses
enge Verständnis wieder im Sinne Luthers auszuweiten; allein es bleibt
die Frage, ob man damit gegen die Haupttendenzen im Verständnis des
Subjekts ankommt: Entwicklung, Reifung, Autonomie. Das mit dem
reformatorischen Bußverständnis gegebene dauernde Angewiesensein auf
Umkehr liegt quer dazu.
Heute
wird Buße am ehesten individuell aufgefasst im Sinne der Meditation und
Reflexion des eigenen Lebens vor Gott. Aber wir haben, wie angedeutet,
in der Kirchengeschichte auch die andere Seite: die öffentliche und die
kollektive Buße. Beides muss nicht unbedingt zusammengehen, doch jede
kollektive Buße ist wohl auch öffentlich. Die Bevölkerung kam neben der
im katholischen Bereich vorgeschriebenen Beichte mit der Buße
hauptsächlich wohl durch die öffentlichen Bußtage in Berührung.
Dabei
muss man unterscheiden zwischen einem regelmäßigen, irgendwann durch
Konvention und administrative Anordnung etablierten, im Jahreslauf
wiederkehrenden Bußtag und sogenannten kasuellen, im Zusammenhang mit
einem bestimmten Ereignis stehenden Bußgelegenheiten. Zur ersten Gruppe
zählt zum Beispiel der große Versöhnungstag (Jom Kippur) im Judentum,
seit der Zerstörung des Tempels bis heute einer der strengsten Fast-
und Bußtage. Dazu gehören Fast-tage im römischen Reich und im
frühmittelalterlichen Christentum, die in genauem Bezug zum Naturjahr
stehen und die Gottheit um gnädige Zuwendung und Segen ersuchen im
Hinblick auf die anstehende Ernte. Schließlich muss man den Buß- und
Bettag dazunehmen. Zwar gilt er als protestantischer Feiertag, doch
eine seiner Wurzeln liegt in den regelmäßigen Fasttagen, die die
Reformatoren trotz ihrer Feiertagskritik aus der Tradition übernahmen
und umformten.
Zu
der anderen Gruppe gehören spontane Bußbewegungen wie die Flagellanten
bzw. Geißler des hohen Mittelalters. Sie zogen zur Zeit der großen Pest
1348/49 durch Mitteleuropa und machten der Bevölkerung sichtbar, dass
es an der Zeit war, zu Gott umzukehren, denn die Pest verstand man als
Rache Gottes. Ihr Wüten hoffte man durch die Vorwegnahme der Strafe
aufzuhalten. Auch jene Bußtage sind hierher zu nehmen, die aufgrund
einer Katastrophe stattfinden, die vor Gott bearbeitet werden soll.
Übrigens waren auch sie ursprünglich nichts spezifisch
Protestantisches. Zwar hat man den 1532 in Straßburg stattfindenden
Bußtag den ersten protestantischen Bußtag genannt. Aber das war er
lediglich in dem Sinne, dass er der erste war, der von einer
evangelischen Obrigkeit, nämlich dem jetzt evangelischen Rat der Stadt,
angeordnet war. Doch der Rat folgte dabei nur dem Befehl des Kaisers.
Der ordnete nämlich für den betroffenen Herrschaftsbereich eine
Betmesse an, weil ein Feldzug gegen die Türken anstand. Hieran lässt
sich übrigens das Prinzip der neuzeitlichen Bußtage erkennen. Bußtage
finden statt aufgrund obrigkeitlicher Anordnung. Das wird besonders
deutlich in den protestantischen Ländern und Fürstentümern, denn in
ihnen gibt es, anders als in den katholischen, eine Differenzierung
zwischen weltlichem und geistlichem Regiment. Das weltliche Regiment
ordnet Bußtage an, während in katholischen Territorien geistliches und
weltliches Regiment nicht getrennt waren und die Anordnung eines
Bußtags gleich ursprünglich geistlich und weltlich war. Hier liegt
einer der Gründe, warum der Buß- und Bettag als ein spezifisch
protestantischer Feiertag angesehen wird. Daneben aber spielt sicher
auch die protestantische Mentalität eine Rolle: Sie kennt den
Absolution erteilenden Priester nicht, sondern nur die
Glaubensinnerlichkeit, die zu einer habituellen Bußgesinnung tendieren
kann.
Zurück
zu den Bußtagen. Für notwendig hält die Obrigkeit Bußtage, weil ihr
Gemeinwesen in bestimmter Hinsicht existentiell bedroht ist. Wie groß
das Gemeinwesen ist, spielt keine Rolle. Die Bedrohung kann bestehen im
Krieg, sie kann aber auch in Naturkatastrophen oder damit
zusammenhängenden ökonomischen Katastrophen wie Preissteigerungen
bestehen. Die Anordnung eines Bußtages setzt voraus, dass die Obrigkeit
sich selbst als christlich versteht. Bußtage sind also politische, d.
h. auf die Polis bezogene Religion. Jedenfalls gilt das für die
kasuellen, einem bestimmten Ereignis zugeordneten Tage. Politische
Religion artikuliert sich meistens beim Krieg. So sind in Württemberg
zwischen 1588 und 1757 drei Viertel aller kasuellen Bußtage aus Anlass
kriegerischer Auseinandersetzungen ausgerufen worden, hauptsächlich im
Zusammenhang mit den Feinden der Christenheit, den Türken. Aber auch
andere Waffengänge, so z. B. der 30jährige Krieg sowie Kriege gegen den
Reichsfeind Frankreich geben den Fürsten Anlass, zur Buße rufen zu
lassen. Die übrigen Bußtage beziehen sich allgemein auf Kriegszeiten,
beklagen Kriegsfolgen oder bearbeiten natürliche Vorgänge:
Wetterkatastrophen, Kometen, Pest, Preissteigerungen, Hungersnot,
Erdbeben.
Die
politisch-religiöse Zielsetzung und die theologische Begründung sind
dabei nahezu einheitlich. In den natürlichen und geschichtlichen
Wechselfällen und Katastrophen zeigt sich der Zorn Gottes, der die
sündige Menschheit bestrafen will. Man bekennt die eigene
Sündhaftigkeit und appelliert an die Barmherzigkeit Gottes, damit er
vom drohenden Vollzug seines Gerichts absieht. In den Katastrophen der
Natur wie im Krieg wird nämlich Gottes gerechter Zorn gesehen, der die
zahlreichen Übertretungen der Gebote bestrafen will. Bußtage mit dieser
inneren Begründung hatten ihre hohe Zeit im 16. und 17. Jahrhundert. Im
Laufe der Zeit allerdings trat das Sündenbewußtsein immer mehr zurück.
Das führt dazu, dass ein im Grunde heidnischer Aspekt deutliche
Konturen gewinnt: nämlich die Bitte an Gott um Schlachtenglück.
Interessant
dürfte es sein, diese Bußtage in mentalitätsgeschichtlicher Hinsicht zu
betrachten. Es ließe sich dann wohl zeigen, dass beides zusammenkam:
die religiöse Legitimation der Obrigkeit und das Bedürfnis, den
Seelenhaushalt zu regulieren in den Schreckenserfahrungen der
Zerstörung und des Todes. Aber die Anordnung eines Bußtages und seine
Aufnahme bei der Bevölkerung waren oft zweierlei Dinge. Immer wieder
finden sich schon im 17. Jahrhundert Klagen über den Missbrauch des
angeordneten Feiertags. Die Bevölkerung nahm den Tag oft für
Vergnügungen und leistete auch Widerstand, wenn die Obrigkeit derartige
Vergnügungen verbot. Es scheint, daß die Unlust der Menschen im 18.
Jahrhundert zunahm, den Bußtag in einem ernsthaften Sinn zu begreifen.
Auch was die anordnende Stelle anging, veränderte sich das
Bußverständnis im Laufe der Zeit. Die kasuellen Bußtage hören um die
Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Württemberg feierte 1757 den letzten
außerordentlichen Bußtag. In Preußen gab es schon nach dem ersten
Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts keine kasuellen Bußtagsanordnungen mehr.
Die Gründe dafür liegen in einem veränderten Verständnis von Religion
und Politik. Der Staat identifiziert sich nicht mehr durchgängig als
Teil des christlichen Abendlandes. Und die sich langsam durchsetzende
Aufklärung lässt keinen Raum für die theologische Interpretation der
geschichtlichen und zumal der natürlichen Vorgänge, die in diesen die
strafende Hand Gottes erblickt. Die Bedrohung der Christenheit durch
die Türken ist verschwunden. Mit dem Sündenbewußtsein schwindet die
Bußbereitschaft. Hinzu kommt, daß der Staat beginnt, Wirtschaftspolitik
zu betreiben. Die Intensivierung der wirtschaftlichen Tätigkeiten
bringt ökonomische Zwänge hervor. Das Volk muss mehr produzieren, es
darf nicht mehr so viele Feiertage haben. Und so verschwindet der
kasuelle Buß- und Bettag aus der Geschichte. Er taucht nur gelegentlich
noch einmal auf, so z. B. in den Jahren 1866 und 1870, als Bismarck in
der Situation des Kriegs gegen Österreich und Frankreich Bußtage
ansetzt.
Nun
gab es aber noch die regelmäßigen Fast-, Buß- und Bettage. Ubernommen
und umgeformt aus der Tradition der heidnischen Erntefeiern, waren sie
von Anfang an zusätzliche Fasttage gewesen, die sich nicht in die
christliche Ordnung des Kirchenjahres mit seinen genuinen Buß- und
Fastenzeiten vor Ostern und im Advent einfügten, sondern primär mit der
Ordnung des Naturjahres zu tun hatten und darüberhinaus wie die
kasuellen Bußtage auch Angelegenheiten des politischen Gemeinwesen
behandeln konnten. Waren solche regelmäßigen Bußtage in der Regie der
einzelnen Landesherren noch im 17. Jahrhundert in kürzeren Abständen zu
feiern gewesen, etwa monatlich, so setzt sich im 18. Jahrhundert das
Bestreben der politischen Administration durch, solche Bußtage so weit
wie möglich zu reduzieren. In Preußen strich der König die Bußtage 1773
auf einen einzigen zusammen. Auf diesem Wege ist der Buß- und Bettag
Bestandteil des evangelischen Kirchenjahres geworden. Von diesem
Zeitpunkt ab kann man ihn auch als Besitzstand der Kirche bezeichnen.
Bei einer so eingreifenden Neuorganisation war es notwendig, jenen
Bußtag, der nun gleichsam alle anderen ersetzen soll, mit einer
plausiblen Begründung zu versehen. Er sollte, so der preußische König,
ein Tag der Demütigung vor Gott sein, an dem die Menschen an die
Wohltaten Gottes und an ihre Pflicht der Dankbarkeit erinnert werden
sollten. Es war im wohlverstandenen Staatsinteresse, fromme Bürger zu
haben. Auch die Theologen haben ihrerseits Begründungen für das
verwaltungstechnische Kunstprodukt des neuen Bußtags geliefert (und die
Kirche arbeitet noch in der Gegenwart an vergleichbaren Sinngebungen).
Schleiermacher erklärte, der Bußtag habe die Aufgabe, Religion in ihren
politischen Bezügen und die Politik in ihrer Angewiesenheit auf
religiöse Stützung gottesdienstlich darzustellen. Der Bürger und
Untertan bringt seine politische Stellung gottesdienstlich zur
Darstellung und sucht gleichzeitig, das politische Gemeinwesen, zu dem
er gehört, dem Segen Gottes anzubefehlen. Der Bußtag wird zum
regelmäßig wiederkehrenden Tag des frommen Staatsbürgers. Das gilt
unabhängig von der Staatsform. Im 19. Jahrhundert ist das politische
Gemeinwesen, das Gegenstand des Bußtags ist, nicht mehr das einzelne
Fürstentum oder der Kleinstaat, sondern der Nationalstaat, das Deutsche
Reich. Soll der Bußtag sich aufs Deutsche Reich beziehen, dann muss die
Politik auch dafür sorgen, daß es nur einen Bußtag gibt. Und noch etwas
kommt hinzu: auch wirtschaftliche und verkehrstechnische Sachzwänge
drängen zur Vereinheitlichung des Bußtagstermins. Es ist nämlich
außerordentlich kostentreibend, wenn die Warenströme zwischen den
Ländern ständig durch diverse Feiertage aufgehalten werden. Und es gab
(neben allen anderen Feiertagen) im 19. Jahrhundert in den 28 deutschen
Ländern noch 47 regelmäßige Bußtage. Nachdem die evangelischen
Kirchenregierungen jahrelang beraten hatten und sich, aus Respekt vor
der Tradition, nicht recht einigen konnten, wurde auf Initiative des
preußischen Abgeordnetenhauses 1893 jedenfalls für fast alle
norddeutschen Länder der einheitliche Bußtag, Mittwoch vor
Totensonntag, eingeführt (1934 erst wurde der Bußtag reichsweiter
Feiertag). Und welchen Sinn sollte der einheitliche Buß- und Bettag im
Deutschen Reich haben? Er soll das Volk vor Gott einigen (also auch die
Katholiken einbeziehen), und er soll den moralischen und religiösen
Zerfall des Volkes infolge der Industrialisierung und Proletarisierung
aufhalten.
Der
Bußtag war verbunden mit dem landesherrlichen Kirchenregiment, aber er
war seit Ende des 18. Jahrhunderts auch ein gesellschaftlicher
Besitzstand der evangelischen Kirche. Das landesherrliche
Kirchenregiment endete 1918. Politische Religion bezieht sich danach
nicht mehr auf Buße, sondern auf die grundgesetzlich fixierte
rechtliche Ermöglichung und Sicherstellung kirchlicher Existenz. 1918
ist der Sinn des administrativ verordneten Bußtags hinfällig geworden.
Er blieb noch Besitzstand der Kirche, die jedoch kürzlich einen
staatlichen Eingriff in diesen Besitzstand hinnehmen musste. In der
jüngsten Zeit waren dem Bußtag bereits neue Bedeutungen, etwa die der
Besinnung auf individuelle Buße (aber auch die Besinnung auf den
Frieden) zugewachsen. In der wechselvollen Geschichte der Buße scheint
das keine geringe Möglichkeit zu sein, sich auf die ursprüngliche
Intention des christlichen und speziell auch des lutherischen
Bußverständnisses zu besinnen.
LITERATUR:
Jörg Mertin: Über einige historische und politisch-theologische Aspekte
des Buß- und Bettags. In:,,Mit unsrer Macht ist nichts getan ...,,.
Festschrift für Dieter Schellong zum 65. Geburtstag. Frankfurt 1993,
S.239-256.
Überarbeitete Fassung des Artikels aus: Musik und Kirche 66, 1996, Heft 5, 266-270
Download als pdf-Datei (ca. 58 kb) oder als Word-kompatible Zip-Datei (ca. 9 kb)
Der
Download und die Nutzung dieses Artikels ist nur zu privaten Zwecken
gestattet. Die öffentliche Verbeitung bedarf meiner ausdrücklichen
Zustimmung.
|